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Finkenraths Achtsamkeiten
Finkenrath pflegt seine Blume
scroll | 17. Oktober 08
Finkenraths erste Amtshandlung nach dem Frühstück ist der Blick auf seine Blumen, unterstützt von dem tastenden Zeigefinger, der ihm viel verrät über den Zustand der Erde.

Seine Freude ist der Zimmerklee, dessen Lebendigkeit ihn immer wieder verblüfft. Oxalis ist die lateinische Bezeichnung. (Glücksklee heißt Oxalis deppei - der Klee der Deppen, die Glücksbringer brauchen, denkt Finkenrath.)

Oxalis triangularis heißt sein Exemplar wegen der dreieckigen Blätter, die zu dritt an einem Stielchen sitzen und sich über Nacht einfalten, als legten sie sich schlafen.

Sie bedankt sich mit vielen zartrosa Blüten für seine Liebe und reagiert, über Nacht, auf Vernachlässigung.

Heute lässt sie die unteren Blätter hängen. Finkenrath nimmt seine Oxalia in die Hände und entfernt die matt gewordenen Blätter. Deren matschige Stielchen sind gleichzeitig zäh und lassen sich nicht gut abzwicken. Glitschig fühlt sich das an. Nicht gut. Wie Verwesung.

Aber heute sieht Finkenrath, dass einige der scheinbar lebensmüden Blätter noch voll im Saft stehen, in dunkelstem Weinrot.
Dann erkennt er, warum sie sich zum Boden gesenkt haben:

Auf ihnen lasten die wirklich verlebten, ermatteten Stengel und die vertrockneten, zu Fäden eingeschrumpelten Blütenstiele. (Die sterbenden Blätter sammeln Feuchte in sich und werden schwer und ziehen die kräftigsten Blätter mit hinunter.)

Finkenrath trennt behutsam das Lebende vom Sterbenden, und es erheben sich die Blätter, entfalten sich zum Licht, das heute trüb aus Wolkengrau tropft.

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hanno erdwein, Samstag, 18. Oktober 2008, 11:32
"Pflanzen, mein lieber Finkenrath, sind oftmals noch die dankbareren Menschen!, sagte mir Meisenberg, als er das hier las. "Aber weshalb widmen wir uns ihnen bisweilen intensiver als unserer eigenen Spezies?", fragte ich ihn. "Tja", lächelte Meisenberg dünn, "weil sie keine Widerworte geben und sich weder verbal noch aktiv wehren können." Hmmm, was soll man dazu sagen?
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